Chirurgische Behandlung der Epilepsien

Nutzen der Epilepsiechirurgie

Durch Studien konnte gezeigt werden, daß Patienten mit medikamentös nicht kontrollierbarer Epilepsie, von einem epilepsiechirurgischen Eingriff profitieren. In einer ersten kontrollierten Studie, konnten Wiebe und Mitarbeiter (2001), einen signifikanten Vorteil eines epilepsiechirurgischen Eingriffs gegenüber einer weiteren medikamentösen Behandlung bei Patienten mit Temporallappenepilepsie zeigen.
Vor allem zeigte sich, daß die frühzeitige operative Behandlung, sobald Medikamente nicht mehr wirken, nicht nur einen positiven Effekt auf die Anfallsfreiheit, sondern auch auf die Lebensqualität und sozialer Teilhabe, hat (Engel et al; 2012). In diesem Jahr erscheint zudem eine Arbeit zur Moralität bei Patienten mit und ohne epilepsiechirurgischen Eingriff, hier konnten Sperling et al. (2016) zeigen, daß die Mortalität von Patienten nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff bei 8,6/1000 Personenjahren lag, während sie in der Gruppe der nicht operierten Patienten bei 25,3/1000 Personenjahre lag. Dies entspricht einer Reduktion der Mortalität auf ein Drittel.
Durch diese vorliegende Evidenz konnte gezeigt werden, daß ein epilepsiechirurgischer Eingriff nicht mehr nur eine weitere Option, in der Behandlung von medikamentenresistenten Patienten ist, sondern den Goldstandard der Therapie dieser Patienten darstellt.

Neue Verfahren

Implantation von Elektroden zur Anfallslokalisation und Einsatz von OP-Robotern

Die prächirurgische Epilepsiediagnostik dient der Lokalisation des Epilepsieursprungs im Gehirn und der Beantwortung der Frage, ob dieser entfernt werden kann, ohne neue intolerable Defizite, wie z.B. Lähmungen, zu induzieren (Rosenow & Lüders 2001). Wenn die nicht-invasive Diagnostik mit Hautelektroden keine hinreichend klaren Ergebnisse erbringt, folgt oft eine invasive prächirurgische Diagnostik. Auf diesem Feld gewinnt die Stereo-Enzephalographie (sEEG) deutlich an Raum. Bei der sEEG werden Elektroden zur Epilepsieursprungs-Lokalisation in das Gehirn implantiert. Diese können nicht nur Signale aufzeichnen, die auf den Ort des Epilepsieherdes schließen lassen, sondern sie können auch elektrisch stimuliert werden, um so wichtigen Zentren wie Sprache oder Bewegung zu lokalisieren (Weiss et al, 2016). Die Elektroden können heutzutage sehr gut auf der Basis von kernspintomographischen Datensätzen geplant und extrem individuell angepaßt werden.
In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, daß sEEG-Elektroden deutlich besser vertragen werden als großflächige Plattenelektroden. Ein weiterer Aspekt ist die Verfügbarkeit eines OP-Roboters (Robotic-Surgical-Assistent, ROSA) im Universitätsklinikum Frankfurt, der eine schnellere und hochpräzise Implantation von sEEG-Elektroden erlaubt. Frankfurt ist die erste Universitätsklinik in Deutschland, die diesen Roboter einsetzt (Reif et al, 2016 und Karb Frankfurter Allgemeine Zeitung 2016).

Stereotaktische Ablationsverfahren

Durch die Fortschritte in der stereotaktischen Technologie haben sich auch neue epilepsiechirurgische Verfahren entwickelt. Hier sind insbesondere die stereotaktisch geführten Ablations- (Koagulations)-Verfahren zu nennen. Einerseits die Radiofrequenzablation, andererseits die Laserablation. Beide Verfahren sind besonders sinnvoll in der Therapie von tiefsitzenden kleinen, durch offene Chirurgie schwer zugänglichen, Läsionen. Diesbezüglich berichteten Kameyama et al (2016) von über 140 stereotaktischen Thermokoagulationen. Bei der stereotaktischen Laserablation kann die thermische Wirkung des Lasers direkt während der Behandlung mit dem Kernspintomographen überwacht werden, was dieses Verfahren besonders sicher macht (Wilfong und Curry, 2013).

Multiple Transsektionen - Durchtrennung von Nervengeweben statt Entfernung

Alternativ ist ein weiteres interessantes neues Verfahren zu nennen: die multiple subpiale Transsektion bei Hippocampussklerose, der häufigsten Form der medikamentenresistenten Epilepsie. Hierbei wird nicht, wie bei einer mikrochirurgischen Operation, das betroffene Gehirnareal, der Hippocampus, entfernt, sondern nur entkoppelt, über eine Durchtrennung seiner Faserbahnen. Die Erfolgsrate der Anfallsfreiheit von 71%, entspricht in etwa derjenigen der mikrochirurgischen Entfernung. Ein potentieller Vorteil ist die relativ geringe Einschränkung des Verbalgedächtnisses (Usami et al., 2016).

Implantation von Stimulatoren zur Langzeitbehandlung

Ist ein Epilepsieherd nicht gut zugänglich, oder birgt seine Entfernung eine zu große Gefahr eines neurologischen Defizits, besteht die Möglichkeit Stimulationselektroden zur Langzeitanwendung zu implantieren. So berichteten Salanova und Mitarbeiter kürzlich in Neurology (2015) über die Langzeiteffektivität und Sicherheit der Stimulation des Nucleus anterior des Thalamus (SANTE). Eine weitere kontrollierte Studie zur transkutanen Vagus-Nerv-Stimulation, also einem non-invasiven, nicht chirurgischen Verfahren, erbrachte, möglicherweise aufgrund der relativ kleinen Probandenzahl von 70, negative Ergebnisse (Bauer et al., 2016).

Ausblick

Zusammenfassend ist die mikrochirurgische Epilepsieoperation, insbesondere für die Temporallappenepilepsie, mittlerweile evidenzbasierter Goldstandard in der Behandlung von medikamentenresistenten Epilepsiepatienten. Die Stereoenzephalographie und Robotik wird weitere Ausbreitung finden. Andere Verfahren, wie die multiple subpialen Transsektionen des Hippocampus, befinden sich noch in der Evaluation. Die Ergebnisse bezüglich der Stimulationsverfahren sind bezüglich der Anfallssenkung den mikrochirurgischen Verfahren zwar unterlegen, sind aber eine gute Alternative bei nicht-entfernbaren Epilepsieherden. Es ist aber zu erwarten, daß hier, durch weitere Optimierung und Analyse der umfangreichen Daten, in der Zukunft noch bessere Erfolge erzielt werden.