Über Ludwig Rehn

Frühe Pionierarbeit

Ludwig Rehn studiert Medizin an der Philipps-Universität Marburg. 1874 promoviert er und lässt sich als praktischer Arzt in Griesheim, später Rödelheim, nieder. Als Betriebsarzt der Chemischen Fabrik Griesheim entdeckt er den Zusammenhang und Einfluss von Chemikalien auf Krebserkrankungen. Er beschreibt den Zusammenhang der toxischen Chemikalie Anilin mit Blasenkrebs bei den Fabrikarbeitern.

Schon früh zeigen sich weitere Erfolge: 1884 gelingt ihm die erste chirurgische Behandlung einer Schilddrüsenüberfunktion. Hierfür entfernt er die vergrößerten Teile der Schilddrüse. Nur zwei Jahre danach, 1886, wird Rehn Chirurg und wenig später Chefarzt der Chirurgischen Klinik des Städtischen Krankenhauses Sachsenhausen.

Operation am offenen Herzen

1896 gelingt Ludwig Rehn die erste erfolgreiche Naht einer Stichwunde am Herzen. Die Wunde und die Verschlussnaht reichen bis in die Herzkammer. Das befürchtete Kammerflimmern während der Operation tritt nicht ein und der Patient überlebt die Operation. Rehn machte damit die erste erfolgreiche Herznaht überhaupt, die erste dokumentierte Herzoperation weltweit und widerlegte: Dass eine Operation am Herzen unmöglich sei.

Seiner Zeit voraus

Rehn handelt mit seinem Eingriff am Herzen gegen die ethischen Bedenken der damaligen Kollegen. Denn diese betrachteten eine Intervention am offenen Herzen als eine Einmischung in und vor allem einen Verstoß gegen die Natur. Ein Jahr nach der Operation schildert Rehn auf dem 26. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie seinen Erfolg. Er beschreibt den 1,5 Zentimeter langen Verschluss und legt eindrücklich dar, dass die Naht nicht nur das Leben des Patienten rettete, sondern diesen auch vor einem qualvollen Tod bewahrte. Er sieht in seinem Handeln die ärztliche Pflichterfüllung, Menschen zu helfen, und regt seine Kollegen an, sich der Herzchirurgie anzunehmen und diese weiter zu erforschen.

Im folgenden Jahrzehnt behandelt Rehn 124 Patientinnen und Patienten und festigt seine Kenntnisse der Herzchirurgie. Bei allen legt er erfolgreich eine Naht am Herzen. Die Sterblichkeit lag weiterhin bei 60 Prozent – aber ohne Behandlung bei über 90 Prozent.

Erfolg ohne Lehrer

1914 wird Ludwig Rehn Professor für Chirurgie an der neugegründeten Stiftungsuniversität Frankfurt am Main. Im Gegensatz zu anderen Professoren seiner Zeit lernte Rehn während seiner Ausbildung nicht bei einem anerkannten Chirurgen. Seine Fähigkeiten eignet er sich im Eigenstudium an – seine weltweite Reputation erlangt er neben den erfolgreichen Herzoperationen durch Eingriffe an der Schilddrüse, der Speiseröhre und am Darm. Dem Wissenschaftler zu Ehren wird seit 1974 der Ludwig-Rehn-Preis für eine hervorragende wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Allgemeinchirurgie von der Industrie- und Handelskammer Frankfurt vergeben.

Das Universitäre Herz- und Gefäßzentrum

Das UHF vereint die Kardiologie, Angiologie und die Herz- und Gefäßchirurgie in einem interdisziplinären Heart-Team und Gefäßteam. Ziel der Expertinnen und Experten sind ganzheitliche, personalisierte Therapieansätze. Im Zentrum arbeiten unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Walther und Prof. Dr. David M. Leistner über 200 Spezialistinnen und Spezialisten unterschiedlicher Fachbereiche und Professionen in Spezialteams zusammen und bieten den Patientinnen und Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen die bestmögliche Behandlung. 

Ganzheitliche Medizin

In den gemeinsamen Sprechstunden und in Kompetenzteams entwickeln die Expertinnen und Experten der Herzchirurgie, Kardiologie, Gefäßchirurgie, Angiologie und Anästhesiologie maßgeschneiderte Therapien – abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten. Dabei greifen sie auf hausinterne Unterstützung zurück: kardiovaskuläre Bildgebung und Genetik, Diabetologie, Lipidologie, Nephrologie, Neurologie, Pflege und Physiotherapie sowie die Kinderkardiologie. Zum Behandlungsspektrum zählen die koronare Herzerkrankung, Herzklappenerkrankungen, strukturelle Herzkrankheiten, Herzrhythmusstörungen, die Notfall- und Intensivmedizin, kardiale Bildgebung, Herzinsuffizienz, Kardiomyopathien und Amyloidose sowie Gefäßerkrankungen und die kardiovaskuläre Prävention. 

Forschung und Lehre - Nach 130 Jahren weiterhin im Fokus

Wie schon Ludwig Rehn verbinden die Kolleginnen und Kollegen im UHF ihre Arbeit und die Patientenversorgung aktiv mit der Forschung. Rehn wendet 1896 sein Grundlagenwissen an und rettet das Leben seines Patienten. Er bereitet so den Weg für die moderne Herzchirurgie und -medizin. Auch heute sind Grundlagenforschung und klinische Anwendung eng verzahnt. So werden die neusten Erkenntnisse nahtlos in die kardiologische und herzchirurgische Behandlung überführt. Das gemeinsame Studienzentrum der Herzmedizin bündelt dafür wissenschaftliche Aktivitäten. Hierbei werden nicht nur wichtige grundlegende Erkenntnisse gewonnen. Das Wissen fließt auch direkt in die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden ein. Bereits vorhandene Expertise wird kontinuierlich weiter ausgebaut.

Präzisionsmedizin

Die translationale Forschung im UHF sichert den direkten Bezug der experimentellen klinischen Forschung zu den kardiologischen und herzchirurgischen Schwerpunkten der Klinik. Sie verbindet sprichwörtlich das Labor mit dem Patientenbett. Die Ergebnisse werden direkt für die Patientinnen und Patienten nutzbar. Ziel der Kolleginnen und Kollegen im Herzzentrum ist es, moderne Präzisionsherzmedizin zu entwickeln. Hierbei werden personalisierte und digital überwachte Therapiekonzepte entwickelt und angewandt, die auf den molekularen Grundlagen der Herzerkrankungen fußen. So führen die Expertinnen und Experten die wissenschaftliche Pionierarbeit von Ludwig Rehn fort.

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