Lie­be Pa­ti­en­ten und Pa­ti­en­tin­nen,

auf den fol­gen­den Sei­ten möch­ten wir Sie über die Mög­lich­keit ei­ner Tran­spul­mo­na­le Che­mo­em­bo­li­sa­ti­on (TP­CE) in­for­mie­ren.

Die In­zi­denz für das Bron­chi­al­k­ar­zi­nom nahm in den letz­ten Jahr­zehn­ten ra­pi­de zu. Heu­te ist die­se Tu­mo­ren­ti­tät die häu­figs­te ma­lig­ne Er­kran­kung welt­weit. In den USA steht das Bron­chi­al­k­ar­zi­nom bei den ma­lig­nen Er­kran­kun­gen an ers­ter Stel­le, so­wohl bei den Män­nern als auch bei den Frau­en. Im Jah­re 2000 ver­zeich­ne­te man dort ca. 164000 Neu­er­kran­kun­gen,
157000 star­ben dar­an. Es ist ei­ne Er­kran­kung des hö­he­ren Le­bens­al­ters; das Durch­schnitts­al­ter der Er­kran­kung liegt zwi­schen 65 und 75 Jah­ren. Am häu­figs­ten han­delt es sich bei dem Bron­chi­al­k­ar­zi­nom um ein Plat­te­ne­pi­t­hel­kar­zi­nom (34%), ge­folgt von dem groß­zel­li­gen Kar­zi­nom mit 28% und dem Ade­no- und bron­chio­al­verolä­ren Kar­zi­nom mit 20%. Klein­zel­li­ge Kar­zi­no­me wer­den in 17% der Fäl­le, ge­misch­te in 1% der Fäl­le dia­gnos­ti­ziert. Die Pro­gno­se des Bron­chi­al­k­ar­zi­noms ist nach wie vor schlecht. Die bes­te Hei­lungs­chan­ce bie­tet die Re­sek­ti­on im Sta­di­um I und II. Ins­ge­samt sind je­doch nur 25–30% die­ser Tu­mo­ren re­se­zier­bar, 56% gel­ten bei Dia­gno­se­stel­lung be­reits als in­ope­ra­bel, 10% stel­len sich in­tra­ope­ra­tiv als in­ope­ra­bel her­aus. Das Ope­ra­ti­ons­ri­si­ko wird mit ei­ner Le­ta­li­tät bei Lo­bek­to­mie von ca. 2,5 %, bei Pneu­mek­to­mie von 7–15% an­ge­ge­ben. Die Früh­mor­ta­li­tät liegt ins­ge­samt bei 4%. Die mitt­le­re Über­le­bens­zeit al­ler Pa­ti­en­ten be­trägt 12 Mo­na­te, die 5-Jah­res-Über­le­bens­ra­te al­ler Bron­chi­al­k­ar­zi­no­me nur 10%, die mitt­le­re 5-Jah­res-Über­le­bens­ra­te nach Re­sek­ti­on 23–50%, bei In­ope­ra­bi­li­tät 1%. Als Al­ter­na­ti­ve zur ope­ra­ti­ven Ver­sor­gung oder als neo­ad­ju­van­te The­ra­pie wur­den für die Sta­di­en III bis IV un­zäh­li­ge Re­gime der pal­lia­ti­ven Ra­dio­the­ra­pie und der Che­mo­the­ra­pie ent­wi­ckelt, mit kurz­zei­tig z.T. er­folgs­ver­spre­chen­den Er­geb­nis­sen. Die Lang­zeit­er­geb­nis­se blie­ben je­doch er­nüch­ternd. Die mög­li­chen Ne­ben­wir­kungs­pro­fi­le in der Do­sie­rung der Che­mo­the­ra­peu­ti­ka stel­len al­ler­dings ei­nen li­mi­tie­ren­den Fak­tor dar. Aus die­sem Grun­de wur­de be­reits in den 50er-Jah­ren das Kon­zept der iso­lier­ten Lun­gen­per­fu­si­on ent­wi­ckelt. Die­ses sieht ei­ne Ka­nü­lie­rung der A. pul­mo­na­lis für den Zu­fluss zum Pa­ti­en­ten so­wie der bei­den Lun­gen­ve­nen für den Ab­fluss aus dem Pa­ti­en­ten vor, wo­durch ein ge­schlos­se­ner Per­fu­si­ons­kreis­lauf ent­steht. Dies er­mög­licht die Ap­pli­ka­ti­on ei­nes hoch do­sier­ten Zy­to­sta­ti­kums di­rekt in die tu­mor­be­fal­le­ne Lun­ge, wo­bei ei­ne sys­te­mi­sche Be­las­tung durch das Zy­to­sta­ti­kum weit­ge­hend ver­mie­den wer­den kann. Nach der Per­fu­si­on wird
die nor­ma­le Zir­ku­la­ti­on wie­der­her­ge­stellt. Die­ses Kon­zept er­wies sich im Tier­mo­dell an ei­ner Rat­te der sys­te­mi­schen Che­mo­the­ra­pie als über­le­gen. Der Nach­teil be­steht al­ler­dings dar­in, dass der Pa­ti­ent tho­ra­ko­to­miert wer­den muss, wo­durch die­se Be­hand­lungs­me­tho­de nicht be­lie­big oft wie­der­hol­bar ist. Ein be­reits in der Be­hand­lung von Le­ber­me­ta­sta­sen eta­blier­tes pal­lia­ti­ves Ver­fah­ren ist die trans­ar­te­ri­el­le Che­mo­em­bo­li­sa­ti­on. Die­se ver­folgt das Ziel ei­ner Des­ar­te­ria­li­sie­rung mit dar­aus re­sul­tie­ren­der Nekro­se des Tu­mor­ge­we­bes durch Ein­brin­gen ei­nes
mit Em­bo­li­sa­ten ver­misch­ten Che­mo­the­ra­peu­ti­kums, das ei­ne mög­lichst lan­ge Ver­weil­dau­er im Tu­mor er­mög­licht. Da Lun­gen­tu­mo­ren ne­ben dem bron­chia­len Netz­werk auch über die A. pul­mo­na­lis ver­sorgt wer­den, bie­tet sich die­ses Ver­fah­ren für die Be­hand­lung die­ser Tu­mo­ren an. Schnei­der ver­gli­chen im Jah­re 2002 an­hand ei­nes CC531-Rat­ten­mo­dells die Wirk­sam­keit von sys­te­mi­scher Che­mo­the­ra­pie, iso­lier­ter Lun­gen­per­fu­si­on und Che­mo­em­bo­li­sa­ti­on der Lun­ge.
Da­bei er­wies sich die Che­mo­em­bo­li­sa­ti­on der in­tra­ve­nö­sen Che­mo­the­ra­pie als über­le­gen, die Ef­fi­zi­enz von Che­mo­em­bo­li­sa­ti­on und iso­lier­ter Lun­gen­per­fu­si­on wa­ren ver­gleich­bar. Der Vor­teil der Che­mo­em­bo­li­sa­ti­on ge­gen­über der iso­lier­ten Lun­gen­per­fu­si­on be­steht al­ler­dings dar­in, dass sie per­ku­tan durch­ge­führt wer­den kann und so­mit ei­ne Tho­ra­ko­to­mie, wie bei der iso­lier­ten Lun­gen­per­fu­si­on, nicht nö­tig ist. 2005 wur­de erst­mals ei­ne Stu­die zur Eva­lua­ti­on der tran­spul­mo­na­len Che­mo­em­bo­li­sa­ti­on bei Lun­gen­me­ta­sta­sen in vi­vo vor­ge­stellt. Da­bei konn­te in 33% der Fäl­le ei­ne Vo­lu­men­re­duk­ti­on der Me­ta­sta­sen er­zielt wer­den. Ziel un­se­rer Stu­die war es,
das An­spre­chen von pri­mä­ren Lun­gen­tu­mo­ren auf die Be­hand­lung mit­tels TP­CE so­wie auf­tre­ten­de Ne­ben­wir­kun­gen zu un­ter­su­chen.

Ab­lauf der Be­hand­lung

Wäh­rend der Durch­füh­rung der TP­CE be­schränkt man sich pro The­ra­pie­sit­zung auf die Be­hand­lung ei­nes, ma­xi­mal aber zwei­er Lun­gen­lap­pen­seg­men­te. Die Be­hand­lung wird in zwei bis
acht Sit­zun­gen in 4-Wo­chen-In­ter­val­len durch­ge­führt.

Nach Lo­kalan­äs­the­sie mit 1% Me­pi­va­cin wur­de zu­nächst ei­ne 7-F French-Schleu­se in die rech­te V. fe­mo­ra­lis ap­pli­ziert. Über die­sen wird ein 5-F Head­hun­ter-Ka­the­ter (Ter­umo, Frank­furt/
Main) in die Pul­mo­nal­ar­te­rie plat­ziert. Da­nach er­folg­ten ei­ne an­gio­gra­phi­sche Dar­stel­lung des ar­te­ri­el­len Ge­fäß­sys­tems der zu em­bo­li­sie­ren­den Lun­gen­hälf­te und ei­ne Son­die­rung der ent­spre­chen­den Seg­men­tar­te­rie mit­tels Head­hun­ter-Ka­the­ter. Im An­schluss wird ein Bal­lon­ka­the­ter (Durch­mes­ser 7mm; Län­ge 110 mm) in der aus­ge­wähl­ten Seg­men­tar­te­rie plat­ziert. Ab­hän­gig von der Grö­ße, der Lo­ka­li­sa­ti­on und dem Ver­sor­gungs­ge­biet der Ar­te­ri­en wird die Ka­the­ter­spit­ze in die sub­seg­men­ta­len Pul­mo­nal­ar­te­ri­en über ei­nen Füh­rungs­draht vor­ge­scho­ben. Um mög­lichst früh­zei­tig ar­te­rio­ve­nö­se Sh­unts aus­zu­schlie­ßen, wird nach Blo­ckung des Ka­the­ters ei­ne kon­trast­mit­tel­ver­stärk­te An­gio­gra­phie durch­ge­führt. Im An­schluss wird lang­sam un­ter Durch­leuch­tung 5mg/m2 Kör­per­ober­flä­che (KOF) Mito­my­cin (Me­dac, Ham­burg) als Che­mo­the­ra­peu­ti­kum und bis zu 10 ml Li­pio­dol (Guer­bert, Sulz­bach) so­wie 200 bis 450 mg Mi­kro­sphä­ren (Spherex; Phar­macia and Upjohn, Er­lan­gen, Durch­mes­ser: 20–70 µm) in­ji­ziert, bis der Blut­fluss sis­tier­te. Vor je­der Be­hand­lung wird spe­zi­fi­sche La­bor­pa­ra­me­ter wie
Hä­mo­glo­bin, Bi­li­ru­bin- und Krea­tin­in­spie­gel, Leu­ko- und Throm­bo­zy­ten­zahl, die Wer­te für die Ala­nin- und As­par­tatami­no­trans­fe­ra­se, der Cho­li­nes­tera­se­spie­gel so­wie Ge­rin­nungs­wer­te
über­prüft.

Zehn bis 48 Stun­den nach der ers­ten Be­hand­lung wird so­wohl na­ti­ve als auch kon­trast­mit­tel­ver­stärk­te Com­pu­ter­to­mo­gra­phi­en an­ge­fer­tigt. Die­se wird dann im Ab­stand von ei­nem Mo­nat wie­der­holt. Nach Ab­schluss der se­quen­ti­el­len The­ra­pie folg­ten In­ter­vall­kon­trol­len im Ab­stand von 3 Mo­na­ten. Die Nach­sor­ge er­streck­te sich über ei­nen Zeit­raum von
min­des­tens sechs Mo­na­ten bis zu zwei Jah­ren. Al­le Bil­der wer­den im Ver­lauf mit den vor­he­ri­gen ver­gli­chen, um Grö­ßen­ver­än­de­run­gen der Tu­mo­ren re­gis­trie­ren zu kön­nen.

An­spre­chen auf die The­ra­pie mit­tels TP­CE

 Im Fal­le ei­nes 70-jäh­ri­gen, männ­li­chen Pa­ti­en­ten mit Ade­no­kar­zi­nom der rech­ten Lun­ge (T1, N1, M0) nach zwei­ma­li­ger Be­hand­lung mit­tels TP­CE. Nach­weis ei­ner mo­de­ra­ten Li­pio­do­lein­la­ge­rung. a Ab­schlie­ßen­des An­gio­gramm der rech­ten tu­mor­ver­sor­gen­den Pul­mo­nal­ar­te­rie nach der ers­ten TP­CE-Be­hand­lung. Dar­stel­lung des Ade­no­kar­zi­noms (Pfei­le). Nach­weis von Li­pio­dol in den Pul­mo­nal­ge­fä­ßen. b, c Na­ti­ves CT in axia­ler Schnitt­füh­rung, durch­ge­führt nach der ers­ten tran­spul­mo­na­len Che­mo­em­bo­li­sa­ti­on. Nach­weis ei­ner mo­de­ra­ten Li­pio­do­lein­la­ge­rung, vor al­lem in der Tu­mor­pe­ri­phe­rie. d, e Fol­low-up-CT in axia­ler Schnitt­füh­rung, ei­nen Mo­nat nach der ers­ten TP­CE-Be­hand­lung. Gut sicht­ba­re Li­pio­do­lein­la­ge­rung in den Tu­mor (Pfei­le). Es konn­te ei­ne Re­duk­ti­on des Tu­mor­vo­lu­mens von
1,0 ml auf 0,44 ml be­ob­ach­tet wer­den.