Jahresbericht 2021
1. Medizinisches Leistungsangebot
Die universitäre Neuroradiologie führt die komplexe und oft aufwändige Diagnostik neurologischer und neurochirurgischer Patient*Innen durch und ist in deren Therapie fest eingebunden. Entsprechend den Aufgaben einer in die Maximalversorgung und die Forschung eingebundenen Neuromedizin nehmen die Anforderungen an die Neuroradiologie stetig zu. Das umfasst die technischen und methodischen Innovationen in der Bildgebung sowie die stetige Weiterentwicklung in der interventionellen Behandlung des Schlaganfalls und anderer neurovaskulärer Erkrankungen. Neben den Erkrankungen einer Maximalversorgung setzt die Neuromedizin des Universitätsklinikums Frankfurt klare Profile, indem sie neue Methoden und Therapien für komplexe neurovaskuläre Erkrankungen, Hirntumore, Epilepsie und Kinderneurologie in einer Vorreiterrolle kritisch evaluiert. Zu deren Diagnostik und Therapie bedarf es neuroradiologischer Expertise und einer methodisch anspruchsvollen Bildgebung, die weit über den üblichen Standard hinausgehen. In der Magnetresonanztomographie kommen zeitintensive hochaufgelöste Epilepsiesequenzen, MR-Spektroskopie, funktionelle MRT, MR-Perfusionsmessung, Diffusionstensorbildgebung mit entsprechenden Nachbearbeitungsprogrammen und eine zeitlich und räumlich hochaufgelöste Gefäßbildgebung zum Einsatz, die eine individualisierte Therapie der Patient*Innen ermöglicht.
Für die interventionelle Neuroradiologie wurde die hochauflösende Gefäßbildgebung zur Planung von Operationen und Interventionen ausgebaut und die Möglichkeit zur zeitlich aufgelösten 3D Rotationsangiographie (4D DSA) weiter etabliert. Im Mai 2021 erfolgte der Einbau einer neuen 2-Ebenen Angiografieanlage des neuesten technischen Niveaus.
Aufgrund der durch die SARS CoV-19 Pandemie seit März 2020 gegebenen Einschränkungen in der Patienten Versorgung und Belegung ist die Anzahl der Untersuchungen auch in der Neuroradiologie gesunken, konnte sich in 2021 aber wieder leicht erholen.
Die Versorgung der Patienten aus dem Neurozentrum konnte fortlaufend auch unter Corona-Bedingungen gewährleistet werden.
Die Anzahl der interventionellen Angiographien ist in 2021 im Vergleich zu 2019 nur marginal gesunken. Als größtes Zentrum in Hessen konnten wir auch in diesem Jahr erfolgreiche Behandlungen von breitbasigen intrakraniellen Aneurysmen mit Fluss-kanalisierenden Stents im Trägergefäß (Flow-Diverter) oder im Aneurymasack (intraaneurysmaler Flow-Diverter, WEB-Device) durchführen.
Im Oktober wurde bei Patient*Innen, die vorübergehend auf eine intravenöse Medikamentengabe zur Antibiose oder Schmerzmittelapplikation angewiesen waren, das Verfahren der intravenösen PICC-Line Anlage etabliert, wodurch die stationären Liegezeiten dieser Patient*Innen verkürzt werden konnte.
Aufgrund der eingeschränkten Bettenkapazitäten haben wir vermehrt ambulante diagnostische Angiografien durchgeführt, die für einen Teil der Patienten so eine schnelle Abklärung ermöglichten.
Am 128-Zeiler CT der Firma Phillips ist eine zeitgemäße multimodale Schlaganfallbildgebung und andere moderne Spiral-CT-Verfahren etabliert. Seit Herbst 2020 haben wir zudem die Planungsmessungen für die radiochirurgische Therapie im Cyberknife Zentrum neben der bereits in großem Umfang durchgeführten MR Messungen um die die Planungs-CT Bildgebung erweitert, diese haben sich in 2021 etabliert.
Im Bereich der Wirbelsäulenintervention hat sich die Anzahl der periradikulären Interventionen zur präziseren prächirurgischen Diagnostik und zur individualisierten Schmerztherapie fast verdoppelt. Zudem haben wir uns auf die komplexe, zum Teil invasive Diagnostik des akuten und chronischen Unterdrucksyndroms spezialisiert und die therapeutisch in diesem Rahmen durchgeführten Blut-Patch Therapien weiter etabliert.
Eine weitere Herausforderung waren auch 2021 die zunehmenden Untersuchungen bei Patienten mit struktureller Epilepsie, bei denen kleinste Strukturanomalitäten mithilfe von spezieller Nachbearbeitungs-Software detektiert werden können.
Im 1,5 Tesla Gerät des Institutes besteht die Möglichkeit, auch Patienten zu untersuchen, die beispielsweise aufgrund von Herzschrittmachern und Cochlea Implantaten nicht im 3T untersucht werden können. Ein weiterer Vorteil dieses Gerätes ist die gute Darstellbarkeit von Wirbelsäulen und des Rückenmarks. Ausgerüstet ist das 1,5 T MRT, das ebenfalls durch ein Hardware- und Software-Upgrade auf dem neuesten Stand der Technik ist, mit Softwareausstattungen für Perfusion und Spektroskopie. Dank neuester Technik konnte an diesem MRT auch die Datenaufnahme erheblich beschleunigt werden, sodass MRT Bilder mit deutlich kürzerer Zeit bei gleichbleibender Qualität aufgenommen werden konnten und sich dadurch die Untersuchungszeit für den Patienten deutlich reduziert hat.
Weiterer Schwerpunkt bleibt die MRT-Diagnostik erstdiagnostizierter Hirn- und anderer ZNS-Tumore und deren Verlaufskontrollen.
Für den Umzug in das Haus 23 konnten nun zwei High-End MRT Geräte gewonnen werden, welche Dank weiterentwickelter Technik die Untersuchungszeiten weiter reduzieren, ohne hier Einbußen in der Bildqualität in Kauf nehmen zu müssen.
Trotz der Beschränkungen im Haus wurde weiterhin die Hirngefäßsprechstunde aufrechterhalten, um Patienten mit neurovaskulären Problematiken auch in der Pandemiezeit gut zu versorgen.
Am Kinder-MRT im Haus 32, welches vom Institut für Radiologie und dem Institut für Neuroradiologie gemeinsam betrieben wird, wurden mehr als 1000 neuroradiologische MRT-Untersuchungen an Kindern durchgeführt.
Nach langjährigen Erfahrungen im Qualitätsmanagement wurde das Institut wurde 2020 nach der DIN EN ISO 9001:2015 im Rahmen der Gesamtzertifizierung des Universitätsklinikums rezertifiziert. Ebenso erfolgte eine weitere Zertifizierung als Ausbildungszentrum für Interventionelle Neuroradiologie seitens der DeGIR.
Unter dem Aspekt des klinischen Risikomanagements etablierte sich das CIRS.
2. Lehre
Die verstärkten Aktivitäten im gemeinsamen radiologischen Unterricht wurden 2021 mit einer aktualisierten Version der einführenden Vorlesungen fortgesetzt. Für alle Kursteile wurde ein Manuskript mit Beispielbildern erstellt, das für die Studierenden online verfügbar ist. Auch die radiologischen Falldemonstrationen und der neuroradiologische Kursteil im Rahmen des Neurologie-Praktikums wurden mit steigenden Studentenzahlen weiter ausgebaut. Die Vorlesung zur Einführung in die Neuroradiologie wird jetzt regelmäßig mit doppelter Stundenzahl betrieben. Für PJ-Studenten wurde die Zeit in der Neuroradiologie auf mindestens 4 Wochen erweitert.
Der Basiskurs für Neuroradiologie konnte aufgrund der Pandemie in 2021 nicht stattfinden. Eine Neuauflage des Kurses ist für den Herbst 2022 geplant.
In der Ausbildung der Assistenzärztinnen und Ärzte des Institutes erfolgten 2020 weitere Rotationen mit der Allgemeinradiologie (Prof. T. Vogl). Ziel ist es, interessierten Ärzten das gesamte Spektrum der Radiologie anzubieten, das für die Zusatzbezeichnung Neuroradiologie erforderlich ist.
3. Forschung
Der Forschungsschwerpunkt des Instituts lag auch 2021 auf dem Sektor der Entwicklung und Anwendung moderner MRT- und Angiographie-Verfahren.
In Kooperation mit dem Brain Imaging Center wurden MRT Studien erfolgreich fortgeführt. Die Corona Krise hat allerdings dazu geführt, dass über mehrere Monate die Forschungsmessungen pausieren mussten bzw. unter strengsten zeitaufwendigen und personalintensiveren Vorgaben stattgefunden haben. Dadurch haben sich die Forschungsprojekte verzögert. Auch die klinisch-neuroradiologische Erforschung neurologischer Erkrankungen konnte aufgrund der geringeren Patientenzahlen nicht in vollem Umfang durchgeführt werden. Hingegen konnten mehrere Studien bei an SARS-COV2 erkrankten und wieder genesenen Patienten durchgeführt werden, bei denen anhand von Spezialsequenzen untersucht wurde, ob und in welchem Maß das Hirngewebe dieser Patienten verändert ist. In der Tumorbildgebung konnte eine Studie, in Kooperation mit dem Forschungszentrum Jülich, die diagnostische Bedeutung der kombinierten MR Perfusion und PET für das Therapiemonitoring von Hirntumorpatienten aufzeigen (Dr. Steidl). MR-spektroskopische Studien zur Künstlichen Intelligenz wurden zusammen mit dem FIAS (Dr. Polomac, Prof. Triesch, D. Lu) durchgeführt und zur Veröffentlichung eingereicht. Weiterhin wurden Studien zur Etablierung des neuen MRT-Verfahren CEST durchgeführt und zur Veröffentlichung eingereicht. Ein weiteres, zur Publikation eingereichtes Projekt, hat die Auswirkung der Radiochirurgie (Cyberknife) bei zahlreichen Patienten mit Melanommetastasen auf die Bildgebung und das Therapieansprechen untersucht (Dr. Rauch). Auch konnten zahlreiche Publikationen im klinischen Schnittbild-Forschungssektor veröffentlicht werden, darunter zu neuroonkologischen und vaskulären Themen. Das Institut (Frau Dr. Keil, Professorin Hattingen) ist außerdem im Steering Komitee des German Stroke Registry vertreten und Frau Prof. Hattingen ist als Gleichstellungsbeauftragte im Vorstand des LOEWE-geförderten Cepter-Konsortiums des Epilepsiezentrums Rhein-Main. Weitere klinische Forschungsprojekte konnten in Kooperation mit den Neurologen durchgeführt werden, die sich mit der neurofunktionellen Diagnostik des Hirnstamms und des Schluckaktes beschäftigen (Herr Lachner, Dr. Rauch in Zusammenarbeit mit Dr. Schaller, Dr. Lapa).
Die Anwendung der zeitlich aufgelösten 3D Rotationsangiographie bei Patienten mit Gefäßmalformationen wurde erfolgreich etabliert und publiziert.
Frau Dr. Katharina Wenger-Alakmeh ist seit dem 01.10.2021 durch die von Ihr eingeworbene Position eines Clinician Scientist im Rahmen der Mildred-Scheel Nachwuchsförderung zu 50% über diese beschäftigt.
Ebenso warb Frau Dr. Wenger-Alakmeh über die der Mildred-Scheel Nachwuchsförderung und die Else-Kröner-Stiftung Mittel für zwei MRT Spulen und die Besetzung einer Position einer Wissenschaftlerin für Ihre Nachwuchsgruppe ein.
Das Institut erhielt zusammen mit dem der Infektiologie und der Neurologie des UKFs über das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)Mittel für die Erforschung von zerebralen Folgeschäden nach SARS-COV2 Infektion.
Erste Mittel zur Anschubfinanzierung kamen von der Goethe Universität in 2020, in 2021 folgten weitere Mittel zu gleichem Thema die von Dr. Arendt eingeworben wurden.
3.1 Forschungsschwerpunkte
Der Forschungsschwerpunkt des Instituts lag auch 2021 auf dem Sektor der Entwicklung und Anwendung moderner MRT- und Angiographie Verfahren (s. Projekte).
Die besondere Expertise des Institutes liegt in der metabolischen MRT Bildgebung (Multikern Spektroskopie, CEST), die vor allem bei Hirntumorpatienten zur Anwendung kommt, aber auch auf Patienten mit inflammatorische Erkrankungen (z.B. COVID) ausgedehnt werden soll. Zudem sollen anhand von Spezialspulen im peripheren lymphatischen Organen (Lymphknoten, ggf. auch Milz) Metabolomics bei Patienten mit Leukämien mit dem Ziel erforscht werden, das Ansprechen auf individualisierte Therapien genauer zu analysieren.
Auf dem neurovaskulären Sektor beteiligten wir uns weiterhin an Multicenter-Studien und Registern zur Evaluation der interventionellen Schlaganfall- und Aneurysma-Behandlung.
3.2. Projekte
Die Ende 2020 begonnenen Projekte betreffen vor allem die intelligente Auswertung quantitativer MRT Daten in der Tumor- und Epilepsiediagnostik, AI zur Auswertung spektroskopischer Daten beim Therapiemonitoring von Gliomen, synthetischen Sequenzen zur Detektion von MS Läsionen sowie Erkrankungen der kleinen Hirngefäße (Mikroangiopathien). In Zusammenarbeit mit dem FIAS Frankfurt (Professor Triesch) wird die automatisierte Auswertung von Spektroskopie Profilen bei Hirntumoren intensiviert. Des Weiteren wird in enger Zusammenarbeit mit Professor Vogl eine Studie bei Lungenkarzinomen fortgeführt, die basierend auf mit IT semi-automatisch ausgewerteten Lungenbefunden prädiktive Marker für das Auftreten von Hirnmetastasen evaluiert (Frau Dr. Wenger-Alakmeh).
Mittels Spezialspulen sollen die metabolischen Profile leukämisch infiltrierter Lymphknoten analysiert und unter Therapie beobachtet werden, um hierdurch nicht-invasiv und translational hochspezialisierte Tumortherapien zu optimieren.
Seit Etablierung der 4D DSA bei Patienten mit Gefäßmalformationen soll dieses Verfahren im nächsten Schritt im Rahmen der bestehenden Forschungskooperation der Firma Siemens auf die Fusionierung mit MRT Planungsdatensätze zur navigierten Operation von Patienten mit Gefäßmalformationen und auf die Darstellung von Kollateralkreisläufen bei chronischen Ischämien im Rahmen von intrakraniellen Stenosen oder Verschlüssen ausgeweitet werden.