Die Therapie von Cornelia Krebs
Bei der Behandlung der Krebspatientin Cornelia Krebs konnte das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie in enger Zusammenarbeit mit weiteren Fachdisziplinen des Universitätsklinikums eine Tumorfreiheit der Patientin erreichen. Ausschlaggebend für den Erfolg war eine spezielle Kombination zweier Therapien.
Oft haben Betroffene mit schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankungen bereits eine Odyssee bei Fachärzten und/oder verschiedene Therapien hinter sich und dennoch nicht die passende Expertise und einen Standort mit entsprechender medizinischer Behandlungsmöglichkeit für ihr Krankheitsbild gefunden. Umso größer die Freude, wenn eine Ärztin oder ein Arzt sagt: „Ich denke, ich kann Ihnen helfen.“

Die Patientin Cornelia Krebs hatte dieses Glück, als sie 2017 mit dem Universitätsklinikum Frankfurt in Kontakt getreten war. Bei der Tiermedizinerin wurde 2013 Brustkrebs diagnostiziert. Es folgten zwei Operationen mit anschließender Chemotherapie und Bestrahlung, die zunächst erfolgversprechend aussahen. Zwei Jahre später signalisierten Schmerzen bei Kopf- und Armbewegungen der Patientin, dass der Krebs zurückgekehrt war – diesmal mit Knochenmetastasen in der Halswirbelsäule. „Ich hatte in der Zwischenzeit viel über Brustkrebs gelesen. Da hieß es übereinstimmend: 80 Prozent der Frauen sind nach einer Operation oder nach einer Operation mit Chemotherapie geheilt. Natürlich habe ich gedacht, dass ich zu den 80 Prozent gehöre“, erzählt Cornelia Krebs über diese Zeit. „Aber dann kam der Moment, in dem der diagnostizierende Röntgenfacharzt vor seinem Bildschirm saß und furchtbar unglücklich aussah. Ich dachte sofort: Jetzt ist es passiert, der Krebs ist zurück.“
Cornelia Krebs wurde erneut operiert, die befallenen Halswirbel wurden durch Metall- und Kunststoffkörper ersetzt. Weil zusätzlich Lebermetastasen entdeckt worden waren, entschieden die behandelnden Ärzte, keine einzelnen Tumore mehr zu behandeln, sondern zu einer Ganzkörpertherapie überzugehen. Damit wollte sich Cornelia Krebs nicht abfinden und begann, nach Behandlungsalternativen zu suchen. Über einen Bekannten, der wegen Darmkrebs und Lebermetastasen im Universitätsklinikum Frankfurt behandelt worden war, stieß sie dort auf eine spezielle Therapiekombination. Ihr Mann, Thomas Brand, schickte an einem Abend eine E-Mail mit den Befunden seiner Frau und der Bitte um Hilfe an das Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie. Die prompte Antwort des Direktors des Instituts, Prof. Thomas J. Vogl, haben Cornelia Krebs und ihr Mann bis heute nicht vergessen: „Ich denke, ich kann Ihnen helfen. Melden Sie sich morgen im Sekretariat.“

„Lebermetastasen sind bei vielen onkologischen Erkrankungen der entscheidende Faktor“. Mit der Nachricht brach für das Ehepaar eine ebenso hoffnungsvolle wie herausfordernde Zeit an. „Die Patientin hatte bei ihrer Erstvorstellung eine sehr fortgeschrittene Krebserkrankung, und die Leber war bereits in einem relativ eingeschränkten Zustand“, erinnert sich Prof. Vogl. „Lebermetastasen sind bei vielen onkologischen Erkrankungen der entscheidende Faktor. Zum Schluss geht es meistens um die Leber. Oft wirken Standardmedikation und Chemotherapie nicht mehr, so dass bei Brustkrebs die angegriffene Leber in 60 bis 70 Prozent der Fälle die Todesursache ist. Wenn es gelingt, die Lebermetastasen zu stabilisieren oder zu eliminieren, kann das Leben der Patientinnen deutlich verlängert werden“, so der Radiologe.
Bei Cornelia Krebs haben zwei moderne Therapien zum Erfolg geführt, die am Universitätsklinikum Frankfurt entscheidend mit- und weiterentwickelt wurden: die transarterielle Chemoembolisation (TACE) und die Mikrowellenablation (MWA). Bei der TACE wird ein Katheter über die Leiste bis zu den Tumoren geführt. Danach werden gezielt Medikamente eingespritzt. Durch die lokale Chemotherapie werden die Tumore reduziert. Anschließend werden die Metastasen mittels einer Sonde, die Mikrowellen aussendet, regelrecht verbrannt und damit vollständig vernichtet. „Wir haben hier in Frankfurt Modelle entwickelt, bei denen wir diese beiden Methoden kombinieren“, erklärt Prof. Vogl. „Sie werden inzwischen auch in anderen Kliniken praktiziert. Das Verfahren eignet sich nicht für alle Patientinnen und Patienten, aber für viele, die mit einer lebensbedrohlichen Lebersituation zu uns kommen. Wenn eine Patientin Lebermetastasen bei Brustkrebs hat, liegen normalerweise die Chancen, fünf Jahre zu überleben, zwischen 30 und 40 Prozent. Mit unseren Therapien erreichen wir inzwischen Erfolgsquoten von 50 bis 60 Prozent.“ Cornelia Krebs zählt dazu und bezeichnet die Therapiemöglichkeit am Universitätsklinikum Frankfurt als „großen Glücksfall“. Sie lebt seitdem tumorfrei.
„Wir arbeiten gemeinsam daran, dass Patienten die gewohnte Lebensqualität zurückgewinnen“
Die Verlängerung der Lebenszeit sei aber nicht der einzige Gradmesser der Behandlung, betont Prof. Vogl. Alle beteiligten Fachdisziplinen am Universitätsklinikum arbeiten daran, dass auch die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten bestmöglich erhalten bleibt, dass also die Betroffenen ihr gewohntes Leben weitgehend wieder aufnehmen können. „Das Schöne bei Frau Krebs ist, dass sich bei ihr in den vergangenen Jahren keine neuen Lebermetastasen gebildet haben, dass sie die Therapie ohne Spätfolgen überstanden hat und an ihre alte Lebensqualität anknüpfen konnte“, erzählt Prof. Vogl. Dass Patientinnen das erreichen, ist insbesondere der Universitätsmedizin mit ihrem interdisziplinären Ansatz und ihrem gebündelten Fachwissen zu verdanken. „Das Team der Radiologie ist ja nur ein Teilgebiet des universitären Leberzentrums am Universitätsklinikum Frankfurt“, erklärt Prof. Vogl. „Das ist der unschlagbare Vorteil an einem Universitätsklinikum: Wir haben hier viele Spezialisten und geballte Expertise: Chirurgen, Onkologinnen, Immunologen, Strahlentherapeutinnen, Gynäkologen und viele weitere Fachdisziplinen arbeiten gemeinsam daran, dass die Patientinnen und Patienten die gewohnte Lebensqualität zurückgewinnen.“
„Es ist wichtig, dass wir Mut machen.“
Der Therapieerfolg bei Cornelia Krebs spricht für sich. Trotzdem oder gerade deshalb fühlt sie sich verpflichtet, darüber zu reden. „Ich habe immer möglichst vielen Leuten von meiner Krankengeschichte und der Therapie erzählt, damit Betroffene erfahren, welche Behandlungsmöglichkeiten und -wege es gibt“, sagt Cornelia Krebs. Auch Prof. Vogl betont, dass das Aufzeigen von Therapieoptionen und die Vermittlung von Hoffnung eine Aufgabe der medizinischen Versorgung sind. „Es ist wichtig, dass wir Patientinnen und Patienten mit Erfolgsgeschichten Mut machen. Krankheits- und Therapieverläufe wie die von Frau Krebs zeigen, dass es immer wieder Chancen gibt, die man nicht unbedingt ahnt, wenn sich Patientinnen und Patienten bei uns vorstellen. Beim ersten Termin von Frau Krebs hätten wir nicht gedacht, dass wir sie 2022 in dieser recht guten Verfassung wiedersehen würden.“
„Was ich machen kann, mache ich.“
Dass Cornelia Krebs die Therapien konsequent befolgt hat und sich ebenso konsequent den regelmäßigen Nachkontrollen unterzieht, hat sicherlich zum Erfolg beigetragen. Ebenso ihre positive Lebenseinstellung. „Man ist gewillt, einiges zu ertragen, damit man weiterleben kann“, sagt Cornelia Krebs. „Allerdings sollte man auch aktiv sein und sich nicht weinend in die Ecke setzen und die Schlechtigkeit der Welt beklagen. Mein Motto war immer: Ich nehme die Sache in die Hand und tue etwas gegen die Krankheit. Ich informiere mich, welche Therapien es gibt. Und was ich machen kann, mache ich. Dadurch habe ich mich nicht so hilflos gefühlt.“ Aktiv sein und sich über Therapieoptionen informieren, lautet die einhellige Empfehlung von Arzt und Patientin. Denn dank der modernen Medizin entstehen immer neue Behandlungsmöglichkeiten, insbesondere im Bereich der personalisierten Medizin. Für Cornelia Krebs hat sich die individuelle Therapiekombination aus TACE und MWA am Universitätsklinikum Frankfurt ausgezahlt. Der Krebs ist bisher nicht zurückgekehrt. „Einzig meine Halswirbelsäule ist nicht mehr so beweglich wie früher“, gesteht sie. „Aber diese Einschränkung nehme ich gerne in Kauf. Schließlich hat man nur ein Leben.“