Die Therapie von Franz und Wilhelm G.

Mit einer einzigartigen OP-Methode zur Behandlung der Lippen-Kiefer-Gaumenspalte reduziert die Universitätsmedizin Frankfurt die Belastung für die kleinen Patientinnen und Patienten und deren Eltern

Im Behandlungsraum von Prof. Dr. Dr. Robert Sader plappert der einjährige Wilhelm friedlich vor sich hin, während sein älterer Bruder Franz das Sprechzimmer in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie kurzerhand in einen Abenteuerspielplatz verwandelt. Dass der fünfjährige Franz an einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (LKG-Spalte) operiert wurde, ist kaum noch zu erkennen. Auch bei Wilhelm, der erst im August 2024 operiert wurde, lässt sich nur bei genauem Hinsehen eine Narbe oberhalb der Lippe erkennen. „Eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte wird heute in der Regel zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat operiert“, erklärt Klinikdirektor Prof. Dr. Dr. Sader. „Ein frühzeitiger Eingriff ist entscheidend für die gesunde psychische und physische Entwicklung der Kinder.“ Denn eine solche Fehlbildung betrifft nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern oft auch Atmung, Sprache, Nahrungsaufnahme und Hörvermögen.

Muttermilch mit der Spritze
Beide Brüder wurden im Alter von viereinhalb Monaten operiert. Ihre Mutter, Monika G., weiß um die Herausforderungen. Im Vergleich zu ihren anderen Kindern schlafen Franz und Wilhelm schlechter – eine Folge des schwierigen Starts ins Leben, glaubt sie. Besonders bei Wilhelm war das Stillen anfangs ein Problem. „Durch die offene Gaumenspalte kann kein Unterdruck entstehen“, erzählt sie. „Ich habe Muttermilch abgepumpt und dem Jungen mit einer Spritze eingeflößt.“ Wenige Tage nach der Geburt erhielt der Säugling eine individuell angepasste Gaumenplatte, die das Saugen erleichtert. Diese erste Therapiemaßnahme wird an der Universitätsmedizin Frankfurt per 3D-Intraoral-Scan angepasst und bis zur Operation ein- bis zweimal erneuert, abhängig vom Wachstum des Kindes.

Häufige Fehlbildung bei Babys
Etwa jedes fünfhundertste bis sechshundertste Kind in Deutschland – rund 1.500 pro Jahr – wird mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geboren. Die Fehlbildung entsteht früh in der Schwangerschaft, wenn sich die Gesichtsteile im Embryo nicht vollständig verbinden. „Man kann sich den Entwicklungsprozess wie einen Reißverschluss vorstellen“, so Prof. Dr. Dr. Sader. „Normalerweise schließen sich die Spalten zwischen den drei Gesichtsteilen bis zum Ende des zweiten Schwangerschaftsmonats. Bei einer LKG-Spalte bleibt dieser Verschluss ganz oder teilweise aus.“

Die Ursachen sind noch nicht endgültig erforscht, die genetische Veranlagung spielt jedoch, wenn auch untergeordnet, eine Rolle. Auch der Vater von Franz und Wilhelm, Daniel G., wurde in den 1970er-Jahren mit einer LKG-Spalte geboren und erfolgreich operiert. „Bei acht meiner zehn Kinder ist alles gut gegangen. Beim achten und zehnten Kind war es dann doch der Fall“, schmunzelt Daniel G. „Aber wir wussten, dass unsere Jungs bei Prof. Dr. Dr. Sader in besten Händen sind.“

Einzigartige, schonende OP-Methode
Das Ehepaar aus dem Allgäu hat sich bewusst für die Behandlung an der Universitätsmedizin Frankfurt und für das hier durchgeführte besondere Verfahren entschieden: Die Fehlbildung wird in nur einem einzigen Eingriff verschlossen. Das Verfahren nennt sich „einzeitig“, weil eine Operation in einer einzigen Sitzung ohne Unterbrechung durchgeführt wird. Diese Methode ist bei der LKG-Spalten-Behandlung einzigartig in Deutschland und erspart den kleinen Patientinnen und Patienten eine Reihe von Folgeeingriffen und längere stationäre Aufenthalte.

Ein weiterer Vorteil: die interdisziplinäre Betreuung vor Ort. Plastische Gesichtschirurgen, Kinderärztinnen, HNO-Spezialisten, Kieferorthopädinnen und Logopäden arbeiten an der Universitätsmedizin Frankfurt eng zusammen. Prof. Dr. Dr. Sader, der auf mehr als 30 Jahre Erfahrung zurückblickt, betont: „Meine Kollegin Dr. Dr. Michelle Klos und ich haben eine hohe Expertise bei diesen Eingriffen. Wir operieren derzeit jährlich etwa 150 Kinder mit verschiedenen Varianten der LKG-Spalte.“ Die Eingriffe dauern durchschnittlich nur 90 Minuten.

Mit Empathie und Expertise
Das Konzept hat Monika und Daniel G. überzeugt. Sie sind nicht nur dankbar für das medizinische Niveau, sondern auch für die menschliche Begleitung. „Die Kombination aus Professionalität und Herzlichkeit hat uns überzeugt. Insbesondere für mich als Mama war das extrem wichtig“, sagt Monika G. „Die direkte, empathische Kommunikation mit Prof. Sader und seinem Team hat unseren Klinikaufenthalt deutlich erleichtert.“ Mit ihrer Erfolgsgeschichte möchten sie anderen betroffenen Eltern Mut machen. Franz und Wilhelm sind der lebendige Beweis dafür, dass eine frühzeitige Behandlung der LKG-Spalte den Grundstein für ein Leben ohne Einschränkungen legen kann.

Auch wenn in einigen Jahren wahrscheinlich noch kieferorthopädische Maßnahmen wie eine Zahnspange, kleine plastische oder kosmetische Korrekturen notwendig sein werden – die Zukunftschancen der beiden aufgeweckten Brüder schmälert diese Aussicht nicht. 

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