Eine eingerissene Hauptschlagader ist lebensbedrohlich. Patient Benjamin Mohn erlebte diesen Schock gleich zweimal. Die tickende Zeitbombe in seinem Körper wurde in der Gefäßchirurgie des Universitätsklinikum Frankfurt mit Hilfe eines komplexen Aorten-Prothesen-Systems entschärft – eine anspruchsvolle Operation, die in einer Notfallsituation wie dieser nur an wenigen Standorten in Deutschland durchgeführt wird. Der Patient und seine Familie zeigen sich begeistert.

Prof. Dr. Kyriakos Oikonomou hält ein Röhrchen von gut 15 Zentimeter Länge und zwei Zentimeter Durchmesser in den Händen. Es besteht aus weißem Kunststoff mit Metallfäden und ist außen mit feinen Häkchen versehen. Am schmaleren unteren Ende zweigen mehrere kleine Seitenäste ab. Das beeindruckende Gebilde ist eine Aorten-Prothese. Ein solches Modell hat Benjamin Mohn im Zusammenspiel mit weiteren Stent-Prothesen im Herbst 2022 das Leben gerettet. „Das Wort Aorta hatte ich bis zu diesem Moment noch nie gehört“, gesteht der 42-Jährige, „und dass es eine Aorten-Prothese gibt, auch nicht. Aber ich bin sehr froh, dass ich dank dieser Stents und der tollen Leistung des Herz- und Gefäßchirurgischen Teams am Universitätsklinikum Frankfurt die Einrisse in meiner Aorta überlebt habe, und dass es mir heute wieder so gut geht.“

 

 

Benjamin Mohn hatte 2022 kurz hintereinander zwei Einrisse in der Hauptschlagader erlitten. „Als es zum ersten Mal passierte, habe ich einen Schmerz im Rücken verspürt. Ich konnte nicht mehr richtig laufen und sprechen. In diesem Moment habe ich sofort an einen Schlaganfall gedacht“, sagt Mohn. Erst im Universitätsklinikum Frankfurt wird festgestellt, dass die Gefäßwandinnenschicht der Aorta nahe am Herzen eingerissen ist und sofort chirurgisch versorgt werden muss. Die Operation in der Herzchirurgie verläuft komplikationsfrei. Das war Anfang Oktober 2022. Sechs Wochen später reißt die Gefäßinnenwand an einer anderen Stelle weiter unten. Diesmal ist die Situation noch heikler, weil die Gefäßwand bis zu den Beckengefäßen aufgeplatzt ist und bereits Blutungen in den Brustkorb erfolgt sind. „Herr Mohn hat wirklich Pech gehabt, dass er diese Situation zweimal durchlitten hat“, sagt Prof. Dr. Kyriakos Oikonomou, Leiter der Gefäß- und Endovaskularchirurgie am Universitätsklinikum Frankfurt. „Zum Glück konnten wir ihn in der Gefäßchirurgie mit einem minimal-invasiven, modular aufgebauten Stent-System stabilisieren und damit den Einriss komplett ausschalten.“

Bei diesem Eingriff werden stark komprimierte Prothesen über die Leisten und eine Armarterie eingeführt, unter Röntgenkontrolle am Monitor in der Aorta korrekt platziert und freigesetzt. Mit dieser Methode kann eine maximal-invasive, konventionelle Operation mit Öffnung des Brustkorbs und des Bauchraums, die mit erheblich größeren Komplikationen und Gefahren für den Patienten verbunden ist, vermieden werden. Die Prothesen stützen die Aorta von innen. „Durch die vielen kleinen Häkchen haftet der Stent an der Gefäßinnenwand, wo er als Schiene fungiert. Das Blut fließt durch die Prothese und nicht mehr in den Einriss“, erklärt Prof. Dr. Oikonomou die Funktion des Stents. Über die kleinen Seitenäste der Prothese werden weitere lebenswichtige Gefäße, die den Darm, die Leber und die Nieren versorgen, angeschlossen.

Für die hochkomplexe Operation, insbesondere in einem Notfall wie bei Benjamin Mohn, wird ein medizinisches Know-how benötigt, das nur spezialisierte Kliniken anbieten können. Die Expertise für derartige Eingriffe haben Prof. Dr. Oikonomou und sein Team vor einem Jahr mitgebracht, als die Leitung der Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie am Universitätsklinikum Frankfurt neu besetzt wurde. „Bei elektiven, also geplanten, Eingriffen werden die Prothesen für die Patientinnen und Patienten individuell angefertigt“, erklärt Prof. Dr. Oikonomou. „Im Fall von Herrn Mohn, der als instabiler Patient mit eingeblutetem Thorax ins Universitätsklinikum Frankfurt eingeliefert wurde, musste allerdings zügig gehandelt werden. In solchen Fällen kommen Notfallprothesen zum Einsatz.“ Die Anatomie, also die Lage und Gestalt von Körperteilen und Organen, ist bei jedem Menschen anders. Aus diesem Grund ist die Versorgung von Gefäßabgängen mit einer Notfallprothese erschwert, allerdings bei Patienten mit akuter Einblutung potentiell lebensrettend. „Bei Herrn Mohn hat das sehr gut funktioniert – auch dank einer exzellenten Teamleistung der Gefäßchirurgie und der Anästhesiologie am Universitätsklinikum Frankfurt“, so Prof. Dr. Oikonomou.

Die aufwändige Operation hat bei Benjamin Mohn fünfeinhalb Stunden gedauert. Mohns Vater nennt das Ergebnis „eine Meisterleistung mit mehreren Sternchen“. Vater und Sohn betreiben eine eigene Firma. Benjamin Mohn kann seine Arbeit als Fliesenleger jetzt nicht mehr ausüben. „Aber ich lebe – das ist das einzige, was zählt“, sagt der in Steinheim wohnende Familienvater. Die einschneidenden Erlebnisse haben seinen Blick für Prioritäten geschärft. Weiterhin für seine Frau und seine kleine Tochter da zu sein zu können, freut ihn am meisten. Benjamin Mohn musste zwar seinen Beruf aufgeben, aber er hat sein Leben gewonnen. Er ist davon überzeugt, dass sich alles andere finden wird.

Bis er wieder mit voller Kraft durchstarten kann, geht Benjamin Mohn regelmäßig zur Kontrolle der Prothesen ins Universitätsklinikum Frankfurt. In der Klinik für Gefäß- und Endovaskularchirurgie wird überprüft, dass die Stents gut abdichten. Außerdem wird auf die richtige Einstellung des Blutdrucks geachtet, damit keine weiteren Einrisse in der Aorta entstehen. Ein hoher Blutdruck ist einer der Gründe, die zu einer derartigen Erkrankung führen können. „Der Einriss der Gefäßwandinnenschicht ist multifaktoriell“, erklärt Prof. Dr. Oikonomou. „Alle Faktoren, die auch zu einer Arteriosklerose führen können – also hoher Blutdruck und hoher Blutzucker sowie hohe Blutfette – spielen eine Rolle sowie eine gewisse genetische Prädisposition. Das heißt: Manche Patientinnen und Patienten haben eine Veranlagung zu einer etwas schwächeren Gefäßwand.“ Nach den zwei Operationen an der Aorta ist die Lebensgefahr für Benjamin Mohn nun gebannt. Bei guter Haltbarkeit verbleiben die Stents in der Regel ein Leben lang im Körper. „Herr Mohn kann sein Leben jetzt normal weiterführen – ohne Angst vor einer neuerlichen lebensbedrohlichen Blutung aus der Aorta“, bilanziert Prof. Dr. Oikonomou – eine beruhigende Perspektive dank hervorragender ärztlicher Expertise und dem Einsatz hochmoderner Kunststoffröhrchen.